Zum 13. Mal in Folge verleiht der Bundesverband Betriebliches Gesundheitsmanagement e.V. den Nachwuchsinnovationspreis „Betriebliches Gesundheitsmanagement“. Die Verleihung des Innovationspreises (IP) erfolgt 2024 zum 4. Mal.
Der NIP soll die besonderen Verdienste junger Menschen um die Entwicklung und Konzipierung von Projekten im Betrieblichen Gesundheitsmanagement sichtbar machen und einen positiven Anreiz schaffen, sich für die Herausforderung in diesem Berufsfeld zu begeistern. Er möchte zukunftsorientierte und innovative Methoden fördern, die vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der steigenden psychischen und physischen Anforderungen an die Arbeitnehmer, überzeugen.
Studierende (Bachelor, Master) und Doktoranden sowie Absolventinnen und Absolventen einer BGM-Ausbildung bzw. eines BGM-Studiums (max. 24 Monate nach Abschluss) können ihre wissenschaftliche Arbeit für den NIP einreichen. Die Bewerbung umfasst die Fragestellung, die gewählte Methodik sowie die Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeit. Eine anonyme Beurteilung (ohne Nennung des Partnerunternehmens) ist grundsätzlich möglich. Mit dem Preis werden Idee, Ansatz und Engagement einer Einzelperson oder studentischen Projektgruppe gewürdigt.
Mit dem Innovationspreis IP zeichnet der Bundesverband Betriebliches Gesundheitsmanagement in Unternehmen bereits umgesetzte innovative Konzepte und Projekte im betrieblichen Gesundheitsmanagement aus. Bewerben können sich Unternehmen, die einen innovativen BGM-Ansatz implementieren bzw. implementiert haben. Die Bewerbung von BGM-Dienstleistern in Verbindung mit einem eigenen “Kundenunternehmen” ist ebenfalls möglich. Die Bewerber*innen sollten die konkrete Problemstellung im Unternehmen darstellen sowie Setting Konzept und Akzeptanz (Outcome-Größe) beschreiben.
Es gelten folgende Bewerbungsfristen:
IP: bis einschließlich 30.09.
NIP: bis einschließlich 31.10.
Die Preisträger werden Anfang November 2024 von einer unabhängigen Fachjury ausgewählt, die sich aus Experten des Betrieblichen Gesundheitsmanagements in Deutschland zusammensetzt. Es wird jeweils ein erster, zweiter und dritter Preis vergeben.
Alle Anträge müssen bis zum 30.09.2024 bzw. 31.10.2024 in digitaler Form (DIN A4, ausdruckbar) unter info@bbgm.de eingegangen sein. Die Preisverleihung findet im Rahmen der jährlichen Mitgliederversammlung des BBGM e.V. , Ende 2024 statt.
Nachwuchsinnovationspreis (NIP) 2024 & Innovationspreis (IP) 2024
Ausschreibungsunterlagen und Bewerbungsformulare
Nachwuchsinnovationspreis (NIP) 2024
( für Studierende und Absolventen)
Innovationspreis (IP) 2024
( für Unternehmen und Dienstleister)
Preisträger:innen – Nachwuchsinnovationspreis & Innovationspreis 2024
Zahlreiche vielversprechende Beiträge sind bei der #AGWissenschaft des BBGM, die für Sichtung und Bewertung der eingereichten Beiträge verantwortlich ist, für den NIP 2024 und den IP 2024 eingegangen. Aus diesen haben die Mitglieder der AG-Wissenschaft diejenigen Beiträge und Konzepte ausgewählt, die sie am meisten überzeugen konnten und daraus eine Shortlist erstellt. Diese Shortlist wiederum war die Basis für die Vergabe der jeweils drei ersten Plätze an die Gewinner von IP und NIP 2024. Die Preisverleihung fand im Vorfeld zur Mitgliederversammlung 2024 als Online-Veranstaltung statt.
Herzlichen Glückwunsch allen Gewinnern und Platzierten.
Angelina Heub gewinnt den Nachwuchsinnovationspreis 2024
Vorhaben:
Die Arbeit von Angelina Heub untersucht geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Wahrnehmung von arbeitsbedingten Stressoren und Ressourcen auf das subjektive Stressempfinden (SPS). Basierend auf dem Job-Demands-Resources-Modell analysiert sie die Effekte von Arbeitsanforderungen (z. B. quantitative und qualitative Anforderungen, Arbeitszeit) und Ressourcen (z. B. Handlungsspielraum, Führungsqualität, soziale Unterstützung) in einer Sekundärdatenanalyse. Ziel ist es, Unterschiede zwischen Männern und Frauen in der Wirkung dieser Faktoren zu identifizieren.
Wesentliche Erkenntnisse:
- Quantitative Anforderungen (QtD) und Arbeitszeit (WT) erhöhen das Stressempfinden, während Ressourcen wie soziale Unterstützung (CS), Führungsqualität (QoL) und Tätigkeitsspielraum (JC) dies reduzieren.
- Männer und Frauen zeigen Unterschiede in der Stresswahrnehmung: Während beispielsweise die Arbeitszeit nur bei Frauen signifikant mit Stress korreliert, wirken Ressourcen unabhängig vom Geschlecht ähnlich.
- Die Ergebnisse bestätigen, dass geschlechtsspezifische Unterschiede bestehen, jedoch in einigen Bereichen abnehmen könnten. Die Operationalisierung qualitativer Anforderungen (QlD) zeigte keine signifikanten Effekte.
Ausblick:
Die Arbeit unterstreicht die Relevanz geschlechtsspezifischer Ansätze bei der Stressprävention und betont, dass erste Interventionen geschlechtsneutral gestaltet werden können. Zukünftige Forschung sollte methodische Lücken schließen, um eine bessere Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten. Der Einfluss der Führungsqualität und die Berücksichtigung gesellschaftlicher Entwicklungen bei der Stressbewältigung erfordern vertiefte Untersuchungen.
Detaillierte Erkenntnisse dieser Arbeit können der Veröffentlichung “Gender-specific perception of job stressors and resources: a structural equation model-based secondary analysis” entnommen werden:
2. Preis – Anna-Lena Vaupel
Ziel der Forschungsarbeit von Anna-Lena Vaupel ist die Untersuchung des Einflusses der arbeitsbezogenen Gesundheitskompetenz auf die Inanspruchnahme von Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) sowie auf die Arbeitsfähigkeit von Erwerbstätigen in Deutschland. Besondere Berücksichtigung finden soziodemografische Faktoren wie Alter, Geschlecht und Bildungsgrad, sowie die Arbeitsfähigkeit als potenzieller moderierender Faktor.
Wesentliche Erkenntnisse:
- Gesundheitskompetenz: Höhere Gesundheitskompetenz ist signifikant positiv mit der Inanspruchnahme von BGF-Maßnahmen assoziiert. Erwerbstätige mit höherer Kompetenz haben eine um 12,9 % höhere Wahrscheinlichkeit, an Maßnahmen teilzunehmen.
- Arbeitsfähigkeit: Eine bessere Gesundheitskompetenz verbessert signifikant die Arbeitsfähigkeit (Erhöhung des OHL-Scores um eine Einheit führt zu einem Anstieg des WAI um 0,293 Punkte).
- Soziodemografische Faktoren: Weder Alter noch Geschlecht haben signifikanten Einfluss auf die BGF-Teilnahme. Allerdings nimmt die Altersgruppe der 45- bis 67-Jährigen weniger häufig teil, was auf nicht ausreichend altersangepasste Maßnahmen hinweisen könnte.
- Bildungsniveau: Personen mit niedrigerem Bildungsgrad weisen eine geringere Arbeitsfähigkeit auf, was auf spezifische Unterstützungsbedarfe hinweist.
Ausblick:
Die Ergebnisse betonen die zentrale Rolle der Gesundheitskompetenz als Schlüsselfaktor für die Nutzung und Effektivität von BGF-Maßnahmen. Unternehmen sollten gezielte Interventionen zur Förderung der Gesundheitskompetenz entwickeln, um die Teilnahmequote und die Arbeitsfähigkeit ihrer Belegschaft zu verbessern. Zukünftige Forschung sollte größere und repräsentativere Stichproben, Längsschnittdesigns und objektive Datenquellen einbeziehen, um die Generalisierbarkeit und die kausalen Zusammenhänge weiter zu untermauern.
3. Preis – Simon Blaschke
Die Arbeit von Simon Blaschke untersucht die Bedeutung domänenspezifischer Gesundheitskompetenz (bewegungs- und ernährungsbezogen) im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM). Ziel ist es, durch die Förderung dieser Kompetenzen nachhaltige Verbesserungen des Gesundheitsverhaltens und der Gesundheit von Büroarbeitenden zu erreichen. Es werden Zusammenhänge mit objektiven Gesundheitskennzahlen sowie die langfristige Wirkung von betrieblichen Gesundheitsförderungsmaßnahmen untersucht.
Wesentliche Erkenntnisse:
Erster Teil:
Bewegungsbezogene Gesundheitskompetenz zeigt einen positiven starken Zusammenhang mit körperlicher Aktivität und einen gering bis moderaten positiven Zusammenhang mit subjektiver Gesundheit sowie einen gering bis moderaten negativen Zusammenhang mit der Prävalenz des Metabolischen Syndroms.
Ernährungsbezogene Gesundheitskompetenz steht stark positiv mit dem Ernährungsverhalten in Zusammenhang, welches wiederum gering bis moderat mit der Prävalenz der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung in Zusammenhang steht.
Zweiter Teil:
Ganzheitliche Gesundheitsförderungsmaßnahmen verbessern signifikant stark diese Facetten der domänenspezifischen Gesundheitskompetenz, wobei diese Verbesserungen auch nach 18 Monaten stabil bleiben.
Zudem hat die domänenspezifische Gesundheitskompetenz einen positiven gering bis moderaten Einfluss auf Gesundheitsverhalten. Vor allem für die bewegungsbezogene Gesundheitskompetenz kann auch ein positiver gering bis moderater Einfluss auf die subjektive Gesundheit im Längsschnitt über 18 Monate festgestellt werden.
Ausblick:
Die Ergebnisse zeigen, dass domänenspezifische Gesundheitskompetenz ein valider Indikator zur Verbesserung der betrieblichen Prävention ist. Die Arbeit unterstreicht die Bedeutung eines ganzheitlichen Ansatzes im BGM, um nachhaltige Verhaltensänderungen zu fördern. Zukünftige Forschung sollte randomisierte Kontrollstudien einbeziehen, um die Effekte weiter zu validieren. Zudem bietet die Kombination aus bewegungs- und ernährungsbezogener Kompetenz Potenzial für synergistische Effekte („Spill-Over“) und personalisierte Präventionsstrategien.
Mit dem neuen Innovationspreis (IP) zeichnet der BBGM in Unternehmen bereits umgesetzte innovative Konzepte und Projekte im betrieblichen Gesundheitsmanagement aus. Der Innovationspreis möchte zukunftsorientierte und innovative Konzepte fördern, die vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der steigenden psychischen und physischen Anforderungen an die Arbeitnehmer, überzeugen.
Es freut uns sehr, dass diese Idee so gut angenommen worden ist und zahlreiche Bewerbungen für den 4. Innovationspreis beim Bundesverband Betriebliches Gesundheitsmanagement e. V. eingegangen sind, aus denen die Fachjury dieses Jahr zwei Preisträger ermittelt hat.
Herzlichen Glückwunsch
Das Uniklinikum Erlangen gewinnt den Innovationspreis 2024
Vorhaben:
Das Projekt „Psychosoziale Unterstützung (PSU)“ am Universitätsklinikum Erlangen zielt darauf ab, ein Peer Support System für Mitarbeitende zu etablieren, die nach belastenden Ereignissen psychische Unterstützung benötigen. Das Ziel ist, die Folgen von Traumatisierung, chronischer Belastung und Überlastung zu reduzieren, die Handlungskompetenzen der Betroffenen zu stärken und Ausfallzeiten zu verringern.
Wesentliche Erkenntnisse:
- Die Einführung der PSU wurde durch ein Bottom-Up-Vorhaben initiiert, das aus dem Pflegebereich nach der Covid-19-Pandemie hervorging. Eine interdisziplinäre Projektgruppe entwickelte auf die Klinik abgestimmte Strukturen und Prozesse.
- Kern des Systems ist die Ausbildung von Mitarbeitenden als Peers, die Kolleginnen und Kollegen nach belastenden Situationen unterstützen. Zusätzlich wurden psychosoziale Fachkräfte und weitere Expert/-innen in das System eingebunden.
- Das Projekt folgt dem Drei-Stufen-Modell der Unterstützung (kollegiale Hilfe in der Abteilung, Krisenintervention durch Spezialteam, Netzwerk professioneller Unterstützung). Durch gezielte Schulungen für Einzel- und Gruppeninterventionen sowie die Ausbildung von Multiplikator/-innen konnte das Peer-Team effektiv aufgebaut werden.
- Seit Einführung im November 2023 wurden bis Juli 2024 61 Peer-Einsätze durchgeführt, was die Akzeptanz des Systems verdeutlicht. Aktuell stehen 67 Peers bereit, von denen einige zusätzlich für die Durchführung von Gruppeninterventionen und Informationsveranstaltungen ausgebildet sind.
Ausblick:
Die PSU des Universitätsklinikum Erlangen hat nicht nur die Belastbarkeit der Mitarbeitenden verbessert, sondern bietet eine nachhaltige Struktur zur Krisenbewältigung. Langfristig kann die Integration von präventiven Maßnahmen bei gehäuften Ereignissen erfolgen. Die Kommunikation im Haus und darüber hinaus wird ausgebaut (z. B. durch Videos und Social Media), um das Angebot weiter zu etablieren und zu verbreiten. PSU hat das Potenzial, als Best-Practice-Modell für andere Kliniken zu dienen und zur Verbesserung der Patientensicherheit beizutragen.
(1): Ein Teil des interdisziplinären PSU-Projektteams (v. l. n. r.): Bianca Adler, Peter Schäffler, Elke Schmidt, Georg Streit, Dr. Ute Richter, Dr. Larissa Herbst, Dr. Caroline Hack, Lennart Heinzel, Helga Bieberstein. Bildnachweis: Dr. Nils Gratzki/Uniklinikum Erlangen
(2): Das PSU-Leitungsteam (v. l. n. r.): Lennart Heinzel (stellvertretende fachliche Leitung), Dr. Hannes Strebl (fachliche Leitung), Bianca Adler (organisatorische Leitung), Georg Streit (stellvertretende organisatorische Leitung). Bildnachweis: Michael Rabenstein/Uniklinikum Erlangen
2. Preis
Vorhaben:
Der Werteverbund Baunataler Diakonie Kassel (bdks), ein führendes Sozialunternehmen Nordhessens, setzt sich für die Implementierung inklusiver betrieblicher Gesundheitsförderung (BGF) ein. Ziel ist es, Menschen mit Behinderung (geistige, psychische und Mehrfachbehinderungen) und Mitarbeitende gleichermaßen in die Maßnahmen der Gesundheitsförderung einzubeziehen. Dabei werden spezifische Bedarfe der Zielgruppen systematisch berücksichtigt.
Wesentliche Erkenntnisse:
- Die betriebliche Gesundheitsförderung wurde bereits umfassend für die rund 3000 Mitarbeitenden implementiert. Sie umfasst Maßnahmen zur Ernährung, Bewegung, Stressbewältigung und Suchtprävention, wie Teamtage, Workshops, Gesundheitstage und Angebote wie E-Bike-Leasing.
- Der innovative Ansatz ist die Inklusion von Menschen mit Behinderung in das bestehende BGF-Programm. Basierend auf einer wissenschaftlichen Dissertation des Vorstandsmitglieds Prof. Dr. Gerrit Jungk wurde durch eine Befragung spezifische Bedarfe erhoben. Dabei wurde der eigens entwickelte Fragebogen auf Durchführbarkeit anhand einer kleineren Mitarbeitenden-Gruppe erprobt. Der Fokus lag auf einer ganzheitlichen Betrachtung in den Handlungsfeldern der BGF.
- Maßnahmen wie inklusive Sportangebote, Schulungen für pädagogische Mitarbeitende sowie Kooperationen (z. B. mit Special Olympics Hessen) sollen die Teilhabe und Gesundheitsförderung stärken.
Ausblick:
Die Implementierung inklusiver BGF begann 2024 und orientiert sich am PDCA-Zyklus des Qualitätsmanagements. Eine wissenschaftliche Evaluation erfolgt in rund zwei Jahren. Das Projekt zeigt Innovationspotenzial durch seinen Theorie-Praxis-Transfer, die aktive Einbindung aller Betroffenen und die wissenschaftliche Fundierung. Ziel ist es, die Ergebnisse bundesweit als Best-Practice-Modell für Werkstätten und Wohnheime für Menschen mit Behinderung zu etablieren.